Freitag, 3. Juni 2016

Rückblick. Der Test und Schrödingers Katze.

Ich starte eine Reihe. Rückblick soll sie heißen. Heute geht es um den Tag der Tage. Der Tag, an dem ich getestet habe.

Jede Frau (oder auch Mann, der das sehr eng mit seiner Frau/Partnerin miterlebt) kennt es. Zumindest wenn man nicht einfach auf das Ausbleiben der Periode wartet oder sogar unverhofft schwanger wird. Manche Frauen haben das Glück, nur einen einzigen Test machen zu müssen und (mehr oder weniger) 38 Wochen  später ein gesundes Baby im Arm zu halten. Manche Frauen erleben das Glück eines positiven Testes und der Traum geht dann trotzdem nicht in Erfüllung. So war es bei mir. 2014 war der Wunsch nach einem Kind da. Naja, eigentlich schon früher, aber 2014 wollten wir dann Nägel mit Köpfen machen. Hah. Wie sich das anhört. 2014 durfte ich auch zwei positive Schwangerschaftstests in den Händen halten. Zweimal ging es schief. Aber das soll dann hier nicht das Thema sein. Ich wollte nur sagen, ich kannte das Gefühl schon. Beim ersten positiven Test war da einfach nur unbändige Freude. Man explodiert förmlich, weil sich Träume erfüllen. Weil ein Wunsch war wird. Weil man die Zukunft schon sieht. Weil man in diesem Moment eine Mama ist.
Doch wenn man dann das Pech hat, ein Kind zu verlieren (sei es auch in den ersten Wochen) dann sind weitere positive Tests auch immer mit großer Angst verbunden. Zumindest ging es mir so. Sollte es uns wieder passieren? Sollten wir wieder kein Glück haben? Kann ich es nochmal überstehen? Werde ich je ein Kind haben? Das Gefühlskarussel dreht sich wie verrückt und man hat wirklich immer Angst zu fallen. Doch bei mir war trotz allem auch die unbändige Freude da.

Es war der 19.05.2015. Eine Woche nach meinem Geburtstag. Das Warten bis zu dem Tag, an dem ein Test dann auch (hoffentlich) etwas anzeigt ist grauenvoll. Man hängt in der Schwebe. Man ist Schrödingers Katze. Man ist gleichzeitig schwanger und eben auch nicht. Man bildet sich Dinge ein. Das ist plötzlich ein Ziehen, welches man noch niiiiee zuvor gespürt hat. Und irgendwie ist einem doch morgens plötzlich auch schlecht. Und schlafen kann man auch nicht mehr.
Naja. Wahrscheinlich kennt das nicht jede Frau. Nur die etwas Verrückten. So wie ich.

Mein Herzensmann war also schon vollends genervt von meinem Geplapper "ganz typischer Schwangerschaftssymptome, die ich doch vorher noch niemals nie hatte". Ja, was soll ich sagen. Ich war wohl wirklich sehr anstrengend in dieser Zeit. Also nahm ich mir am Abend zuvor vor, am nächsten Morgen zu testen. Die Nacht wachte ich immer wieder auf, schaute auf die Uhr und konnte es einfach nicht erwarten, dass es endlich morgen war. Als ich dann zu einer Uhrzeit wach wurde, bei der mein Herzensmann mich beim wach machen nicht erdrosseln würde, sprang ich so leise wie möglich auf und rannte zur Toilette. Doch das Phänomen einer jeden Frau war mein Verhängnis - man muss immer dann, wenn man nicht darf. Und dann wenn man kann, muss man nicht.
Irgendwann saß ich dann aber doch vor einem Schwangerschaftstest und wartete auf das Ergebnis. Auf die zwei Striche. Die zwei Striche die alles bedeuten.

Ich zitiere mal aus meinem bisherigen virtuellen Tagebuch:

"Glücklich sein.

Nicht hinterfragen, wie lange das Glück anhält. Nicht auf die Talfahrt warten, nachdem man auf dem Gipfel ist. Einfach genießen. Glücklich sein. Vertrauen haben. Den Moment auskosten. Tränen der Freude haben. Man hat Wünsche und Träume und Sehnsüchte. Man wünscht sich an einen anderen Platz, zu einer anderen Zeit, zu anderen Menschen. Und manchmal wünscht man sich nichts anderes, als diese eine Sache. Einen zweiten Strich. Pinkeln, Minutenlang warten, und solange auf den Streifen starren, bis man sich schon einen Strich einbildet. Weiter warten, weiter starren. Hoffen, dass sich der Traum endlich erfüllt, dass man nicht mehr warten muss, dass das Herz endlich geheilt wird. Und dann ist da dieser Schatten. Man ist sich unsicher, weiß nicht, ob er wirklich da ist, steht minutenlang da und hält den Streifen in verschiedenen Winkeln ins Licht nur um Sicherheit zu bekommen. Man fragt seinen Mann, seine Mama, seine Freundinnen. Der Mann ist Realist und lässt die Unsicherheit gewinnen, "Versuch es morgen nochmal!". Die Freundinnen sehen auch was, sagen man ist nicht verrückt, verhaltene Freude.
Und dann der zweite Test, aber dann mit einer Auswertung in Worten. Ein Wort. Ein kurzes, kleines Wort. Ein Wort, was tagtäglich millionenfach auf dieser Welt benutzt wird. Was vielen nichts bedeutet. Und was für mich die Welt bedeutet. Dahinter die Zahlen 1-2. Freude, Tränen, pure Liebe. Ein Hormoncocktail durchströmt einen und lässt nichts zurück außer Glückseligkeit. Und nicht nur in meinem direkten Umfeld fließen Freudentränen. Dieses eine Wort lässt sogar Menschen im Norden und Süden Deutschlands vor Freude weinen. Ein kleines Etwas, was noch gar nicht richtig da ist, ist bereits jetzt der Auslöser für wahre Freude. Mit der Freude kommt natürlich auch ein kleines bisschen Angst, aber wirklich nur ein bisschen. Ich hoffe, und glaube und bete. Für mein Mucki."

Diese Worte heute zu lesen, das Foto vom Test zu sehen. Emotionen pur. Ich weiß noch wie ich weinend meine Mutter anrief. "Mama! Ich bin schwanger!" Heute nenne ich sie nur noch Omi.

Wenn ich mir jetzt meinen kleinen babybear ansehe, erscheint es so unwirklich und unreal, dass es erst ein Jahr her ist. An ein Leben ohne ihn kann und will ich mich einfach nicht mehr erinnern.

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