Dienstag, 4. Juli 2017

Lieben. Ist nicht. Verwöhnen.

Wenn ich noch einmal höre, ich sei eine Glucke und würde mein Kind viel zu sehr verwöhnen, ja sogar verziehen, dann raste ich aus. Ehrlich.

Ja, Julian schläft bei uns und ja, ich mag das so. Ich stille nicht mehr, doch ich würde es wohl noch, wenn Julian es wollte. Und ich würde auch noch viel mehr tragen, wenn ich dürfte. Ich brauche keine Zeit für mich und muss nicht abschalten ohne Kind. Das kann ich auch mit Kind, auf dem Spielplatz wenn fröhlich im Sand gebuddelt wird. Und auch für meinen Herzensmann bleibt Zeit. Jeden Tag. Abends sind es meist mehr als zwei Stunden, die wir nur für uns haben. Obwohl ich die Zeit noch viel mehr genieße, in denen wir alle gemeinsam etwas unternehmen. Zusammen sind als Familie.

Doch immer wieder wird mir gesagt, das sei falsch. Julian müsse in seinem Bett schlafen, ich solle ihn nicht immer sofort betüddeln, wenn er weint. Er müsse lernen ohne Mama zu sein und das momentane Fremdeln käme sicher auch nur daher. Wieso ich ihn mittags noch in den Schlaf wiegen würde und abends im Familienbett solange kuscheln müsse, bis er schläft. Und dass ich immer reagiere, sobald er meine Hilfe verlangt.

Und nun frage ich mich: wieso beeile ich mich, um pünktlich zu meinen Verabredungen mit Familie und Freunden zu kommen? Wieso nehme ich die hübsche Tasse für meine Mutter mit, wenn ich mir sicher bin, dass sie ihr so sehr gefallen würde? Wieso mache ich mir große Gedanken bei Geschenken? Wieso frage ich meinen Herzensmann jeden Tag, was er gerne essen möchte? Wieso besorge ich den Lieblingskuchen meiner Freundin, wenn sie sich zum Besuch ankündigt? Wieso bin ich für Freunde da, wenn sie mich brauchen? Wieso nehme ich Menschen in den Arm, sei es zur Begrüßung, zum Abschied oder einfach so? Wieso gebe ich meiner Mutter einen Kuss zur Begrüßung und Abschied? Wieso schreibe ich Karten aus dem Urlaub? Wieso stelle ich meiner Nachbarin eine Blume vor die Türe, wenn sie viele Pakete für uns angenommen hat? Wieso nehme ich meinen Herzensmann in den Arm und küsse ihn?

Mit den großen und kleinen Gesten des Alltags versuche ich den Menschen um mich herum Zuneigung, Dank, Halt und Liebe entgegen zu bringen. Ich möchte, dass diese Menschen wissen, was sie mir bedeuten. Und sei es eben nur, dass ich dankbar bin, nicht wieder zur Post fahren zu müssen um mein Paket abzuholen. Oder eben meinem Herzensmann zu zeigen, was er mir bedeutet.

Und wieso, zum Teufel, darf ich das nicht bei meinem Kind? Ein sechs Monate alter Säugling versteht nicht die Bedeutung der Worte "Du bist alles für mich und ich liebe dich. Du machst mein Leben perfekt!". Es kann nur fühlen, dass ich da bin. Es spürt meine Umarmung und meinen Kuss. Sieht mein Lächeln. Wenn es weint und ich bin da, so dass es sich nicht alleine fühlt. Auch Julian, der nun fast 1 1/2 Jahre alt ist, versteht noch nicht, was es heißt, wenn ich sage "Ich liebe dich!". Doch er weiß, dass ich da bin. Immer.

Er kennt noch keine verbale Kommunikation. Er muss nicht lernen alleine zu schlafen, ohne Mama zu sein. Er wird nicht selbstbewusster, geschweige denn stärker durch den Entzug von Zuneigung. Mein Kind zu lieben bedeutet nicht, dass ich es verwöhne. Denn man kann keinem Kind zu viel Liebe schenken.