Dienstag, 26. Juli 2016

Rückblick. Familie. Gestern, heute, morgen.

Das letzte Wochenende war ein besonderes. Meine Oma feierte Geburtstag. Ihren 93. Geburtstag. Letztes Jahr war ich glücklich und stolz, dass wir ihren Geburtstag zu dem Tag gemacht haben, an dem wir verkündetet hatten, dass Julian unterwegs war. Ich hatte als Geschenk für sie Babywolle in einen kleinen Karton mit den neuesten Ultraschallbildern gebastelt. Mit einer kleinen Sprechblase in der Stand "Alles Liebe zum Geburtstag, Uroma. Anfang nächstes Jahr zu meinem Geburtstag wünsche ich mir selbstgestrickte Socken!"

Mein Bruder bekam ein T-Shirt mit dem Aufdruck "This is what a really cool uncle looks like"
Darin war dann ein Ultraschallbild eingewickelt. Ich weiß noch, dass mein Bruder nur fett gegrinst hat und meine Oma das erstmal alles nicht verstanden hat. Und ich weiß noch, dass meine Schwägerin quasi ausgerastet ist. Sie hat gleich angefangen zu quietschen, ist aufgesprungen und hat mich in den Arm genommen. Sie hat getanzt und gelacht. Alle am Tisch haben sich so sehr gefreut.

Und ich weiß noch wie ich mich gefühlt habe. Mit diesem Wunder unter meinem Herzen im Kreise meiner Familie. Ich war einfach nur glücklich. Und ich hätte mir nicht vorstellen können, dass das noch zu toppen ist. Ich hatte mit dem Gestern abgeschlossen, war glücklich mit dem Heute und vollkommen gespannt auf das Morgen.

Ich hatte soviele Gedanken, eine ziemlich genaue Vorstellung von den was kommen würde und war so naiv daran zu glauben. Ich weiß, dass ab diesem Tag letztes Jahr alles anfing. Die gutgemeinten Ratschläge. Die lächelnden und wissenden Mienen der Frauen, die bereits Mütter sind. Mein Bauch wuchs gefühlt innerhalb von Stunden. Mein Herzensmann und ich waren das letzte mal nur als Ehepaar auf der Kirmes, das erste Mal in Babymärkten. Wir kauften Kinderwagen und Kinderzimmer. Wir sprachen über Namen. Wetteten was das Geschlecht angeht. Meine Omas fingen an zu shoppen und auch meine Mama. Und natürlich auch meine Schwägerin. Irgendwie war dieser Tag der Startschuss. Vorher war alles geheim, man hat schon soviel darüber nachgedacht, aber nicht darüber gesprochen. Es war nur etwas zwischen meinem Mann und mir. Unser Geheimnis.

Dieses Geheimnis sitzt während ich diesen Post verfasse hinter mir in seinem Babyschale im Auto, während mein Herzensmann uns zur Arbeit chauffiert. Dieses Geheimnis kann heute kein Geheimnis mehr sein, weil es so präsent ist. Weil er so präsent ist. Weil er quitscht und lacht und auf Gegenständen trommelt. Weil er alles anfassen will, weil er alles sehen und allem teilhaben will. Weil er unsere Welt auf den Kopf stellt, Tränen der Freude verursacht. Weil er mir jeden Tag zeigt, weswegen ich hier bin. Was der Grund für mich ist zu leben. Was es überhaupt heißt zu leben. Was es heißt Mama zu sein.

Ich hatte mir alles so anders vorgestellt. Im Gestern war dieses Morgen, das Heute, ganz anders. Ich hätte nicht gedacht, dass es noch schöner sein könnte. Dass es noch erfüllender wird. Das man noch soviel mehr Familie ist.


Donnerstag, 14. Juli 2016

Sternchen. Mama. Hoffnung.

Heute gibt es mal etwas, worüber oft geschwiegen wird. Auch mir fällt es gerade sehr schwer überhaupt die richtigen Worte zu finden. Es kostet Überwindung. Aber vielleicht hilft es irgendjemanden. Vielleicht liest es irgendwer und schöpft Hoffnung. Hoffnung die man eben braucht.

Bevor wir planten ein Kind zu bekommen, habe ich nur ein Kind in meinem direkten Umfeld aufwachsen sehen. Meine Nichte. Heute geht sie schon in die erste Klasse und ich bin natürlich eine oberstolzer Tante. Als meine Schwägerin damals verkündete, sie sei schwanger, war die Freude riesig. Groß darüber gesprochen, wie schnell es geklappt hat, habe ich nicht. Macht man ja auch nicht. Dachte ich.
Natürlich gab es auch Freundinnen die schwanger wurden. Auch da habe ich mich mit gefreut, während der Schwangerschaft dann oft gefragt wie es geht, und tausend andere Fragen gestellt. Aber Fragen, wie es zur Schwangerschaft kam, wie leicht oder schwierig das war, das habe ich nie. Macht man ja auch nicht. Dachte ich.

Und dann versuchten wir ein Baby zu bekommen. Im März 2014 ging es los, ein knappes halbes Jahr nach unserer kirchlichen Trauung. Wir flogen Ende März noch in die Flitterwochen nach Thailand und hofften ein ein schönes Souvenir mitbringen zu dürfen. Ganz naiv ging ich davon aus, dass das ja einfach so klappen müsste. Wir brachten zwar kein Souvenir (zumindest nicht in meinem Bauch) mit, aber es dauerte nicht lange und im Mai 2014 hielt ich dann meinen aller ersten positiven Test in den Händen. Ich zitterte und freute mich und weinte und lachte. Soviele Wünsche, Träume und Möglichkeiten kamen damit zusammen. In diesem Moment sieht man es vor sich. Wie man dick und rund wird, wenn die Schwangerschaft zuende geht. Wie man sein Baby mit nachhause nimmt, nach der Entbindung aus dem Krankenhaus. Wie man es im Arm hält, wie es weint oder lacht. Wie man Mama gerufen wird. Wie es aufwächst. Man sieht all das. Man wünscht sich all das. 
Zunächst lief auch alles gut. Mir war morgens etwas übel und irgendwie gab es überall ein Zwicken und Zwacken, welches nur durch die Schwangerschaft kommen konnte. Ich war bei meiner Ärztin und auch sie sagte, alles sei in Ordnung. In der 8. Schwangerschaftswoche hatte ich dann wieder einen Termin und meine Ärztin war nicht mehr so fröhlich wie sonst. Wir warteten darauf endlich das schlagende Herzchen bestaunen zu dürfen - doch sie fand nichts. Man sah zwar den Beginn einer Schwangerschaft, aber man sah auch, dass es nicht zeitgerecht war. Dass da kein Baby in mir wachsen würde. Dass nichts in Ordnung war. Man sagte mir, wir sollten nochmal in ein paar Tagen reinkommen, denn manchmal würden auch Wunder geschehen, aber wir sollten uns keine Hoffnungen machen! Ja. Keine Hoffnungen. Keine Träume. Alles fiel in sich zusammen und ich kann mich auch nur noch schlecht daran erinnern, wie wir die Praxis verlassen haben. Ich glaube, mein Verstand hat da zugemacht. Es war einfach zuviel. Man ist doch so naiv und malt sich alles in bunten, schillernden Farben aus. Und dann kommt da jemand und mit seinen Worten zertrümmert er einfach alles, was du hast. Ich fühlte mich leer. In den Wochen davor hatte ich so oft meine Hand auf meinen Bauch gelegt. So oft mit diesem kleinen Etwas gesprochen. So viel geträumt. So viel gehofft. 
Wir warteten nochmal drei Tage und fuhren wieder in die Praxis nur um von einem sehr unsensiblen Arzt zu hören "Naja, dann gebe ich Ihnen also mal eine Überweisung für die Ausschabung."
Moment! Was? Es ist komisch und schwer zu beschreiben. Natürlich hatte ich einige Tage um mich mit dem Gedanken auseinander zusetzen. Natürlich hatte ich gewusst, dass es so kommen würde. Natürlich hätte es mir klar sein müssen. Aber nein. Man hofft. Ich habe gehofft. Bis zur letzten Sekunde. Und selbst mit der Überweisung ins Krankenhaus in der Tasche, weinend in den Armen meines Herzensmenschen im Auto in der Tiefgarage der Praxis - selbst da hoffte ich noch. Vielleicht schafft der Verstand diese winzigen Funken Hoffnung. Weil man sich daran klammern kann. Weil man nicht in den tiefen Abgrund fallen will. Weil man weiter machen kann.

Anfang August hatte ich dann die Ausschabung. In der Klinik waren alle furchtbar lieb und meine große Angst vor der OP war eigentlich nicht nötig. Ich war am gleichen Tag wieder zuhause und konnte mich in meinen eigenen vier Wänden, in meinem eigenen Bett erholen. Und mein Körper erholte sich überraschend schnell. Nur zwei Tage später war ich wieder im Alltag und funktionierte. Mein Herz allerdings war zerbrochen. 

Es gibt einige Momente, in denen ich meinen Mann zu schätzen wusste. In denen ich glücklich war ihn an meiner Seite zu haben, weil er meine Welt und den Moment schöner machte. In dieser Zeit jedoch war er der einzige Grund, der mich weitermachen lies. Ohne ihn hätte ich mit Sicherheit nicht die Kraft gehabt weiter zu machen. Überhaupt weiter auch nur da zu sein. Ohne ihn wäre ich verloren gewesen. Verloren in meinem Trauer, meiner Hoffnungslosigkeit, meiner Verzweiflung. Doch Schritt für Schritt konnte ich es mit seiner Hilfe verarbeiten, hinter mir lassen, weiter machen. 

Wir entschieden uns nicht zu warten und gleich einen neuen Versuch zu starten. Bei mir war ziemlich viel durcheinander, so dass es eine Weile dauerte, doch im November 2014 war es dann wieder soweit. Ich war überfällig und hielt dann wieder einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen. Doch auch diesmal meinte es das Schicksal nicht gut mit uns. Nur eine Woche später wurde ich zum zweiten Mal eine Sternchenmama.

Rückblickend empfinde ich dieses zweite Mal als wesentlich weniger belastend. Mutternatur hat es einfach nicht gut mit mir gemeint. Es sollte so sein. Es war okay für mich. Natürlich hat es mich wieder runtergezogen und ich war furchtbar traurig. Dazu dann die große Angst, ob es wohl jemals klappen wird. Aber ich musste nicht ins Krankenhaus, nicht lange bangen und war eh irgendwie emotional noch nicht so ganz drinnen. Vielleicht hat mein Unterbewusstsein ja auch schon spüren können, dass was nicht in Ordnung ist und ich habe mich deswegen nicht drauf einlassen können.


Bis ich dann mit meinem Babybear schwanger war, hat es nochmal ein halbes Jahr gedauert. Irgendwie wusste ich dann auch gleich von Anfang an, dass dieses Mal alles gut gehen wird. Und das ist es ja zum Glück. Wenn ich heute meinen Julian ansehe, dann merke ich, dass ich es verarbeitet habe. Dass das einfach der Weg war, den ich gehen musste, um am Ende dieses Baby in meinen Armen zu halten. Ich will nicht sagen, dass es sich gelohnt hat, denn ein Kind zu verlieren, kann sich nie lohnen. Doch ich kann damit leben, dass ich zweimal dieses große Unglück erfahren musste. Dass ich dieses Unglück in Kauf nehmen musste, um dann Glück zu haben.

Wieso ich meine Sternchengeschichte nun veröffentliche? Weil ich finde, dass um dieses Thema ein zu großes Geheimnis gemacht wird. Mir war nicht klar wie "normal" das ist. Wie oft das passiert. Dass es eben nicht selten ist. Dass auch im medizinischen Sinne erst ab der dritten Fehlgeburt nach Ursachen geforscht wird. Dass soviele Frauen es erlebt haben, ohne darüber zu sprechen. Ich war mir so sicher, dass mir das nicht passieren würde. Wieso auch? Hört man doch nie was von! Ja. Das stimmt auch. Aber nicht, weil es niemanden im Umkreis passiert, sondern weil die wenigsten davon sprechen. Und das ist auch okay. Das sollte jeder für sich selbst entscheiden. 
Ich habe mich aber entschieden darüber zu sprechen. Um Frauen zu zeigen, dass es trotzdem ein Happyend geben kann. Um Mut zu machen. Und Hoffnung.

Ein neuer Blog. Noch einer. Wuhay!

Jap. Genau das habe ich mich gefragt. Noch ein Blog? Wieso? Gibt es denn nicht bereits genug davon in den Unweiten des Internets?
Ganz bestimmt sogar. Und trotzdem. Meinem Herzensmann bluten halt schon die Ohren von den Auszügen meines ewig kreisenden Gedankenkarussels! Wieso also nicht meine Gedanken ins Internet schmeißen? Zumindest dachte ich mir das so.
Das Ganze hat dann nämlich den großen Vorteil, dass es anonym ist! Zumindest soweit das eben geht! Der Nachteil - wer weiß schon, ob sich jemand hierher verirrt und den Buchstabensalat aus meinem Hirn ernsthaft liest!? Naja, eigentlich auch relativ schnurz, denn wichtig ist, dass die Gedanken dann aus meinem Kopf raus sind! 
So. Nun zu mir. Schließlich möchte derjeniger, der sich dann doch hier her verirrt vielleicht ja wissen, von wem der Quatsch denn stammt. Witzig, soviel dann zur Anonymität!
Ich bin eine Mami. Eine neue Mami. Vor sieben Wochen wurde ich Mutter. Die Mutter eines Babybears. Mein Babybear Julian kam am 30.01.16 zur Welt. Und seitdem ist alles anders - und irgendwie auch wieder nicht.

Bevor ich schwanger wurde und auch während der gesamten Schwangerschaft dachte ich, wenn man Mutter wird, dann ist alles anders. Alles ändert sich. Nichts bleibt beim Alten. Man ist nicht mehr Partnerin, Ehefrau oder überhaupt eine Frau - man ist Mutter. Ausschließlich und bedingungslos. Das letzte stimmt, der Rest nicht ganz. Natürlich, ein Säugling nimmt einen ein, es braucht seine Mutter und genauso braucht eine Mutter ihr Kind. In meiner Vorstellung war es aber so, das ich aufhörte ich zu sein und zu jemand anders werden würde. Zu einer Mutter, die eben keinen Wert auf ihr Äußeres legt, oder auf das was sie trägt. Dass es kein anderes Thema mehr geben würde und mein Leben nur vom Windeln wechseln, wundem Po und füttern handelt. Und ja die ersten zwei Wochen war es so. Meine Haare waren immer im Zotteldutt irgendwie und irgendwo auf meinen Kopf drapiert, das Maximum an Make up bestand aus Mascara und Klamotten mussten in erster Linie bequem und vor allem stillfreundlich sein. Aber bereits nach einer Woche stand ich morgens mit meinem Herzensmann auf, machte mich frisch, putze mir die Zähne und oft ging ich sogar gleich mit dem Hund raus. Babybear begleitete mich im Tragetuch.

Nun gut. Ich muss dazu sagen, dass es hier auch eine ganz andere Motivation gab. Mein Herzensmann ist selbständig. Hier gab es keine Elternzeit. Eine Woche durften wir unser Familienglück zuhause genießen und dann musste er eben wieder ins Büro. Selbständige haben eben nicht den Luxus sich Elternzeit nehmen zu können. Oder man muss halt reicher sein. Dann kann man seinen Laden auch mal eine ganze Zeit schließen. Naja, dazu komme ich aber nochmal in einem anderen Post.

Worauf ich auch eigentlich hinaus wollte - es muss sich nicht alles ändern und irgendwie wieder doch. Es ändert sich alles, weil man nicht mehr alleine ist, weil man eben nicht mehr nur Partnerin, Ehefrau, Freundin ist. Man ist nun auch Mama. Ich möchte gar nicht die Frauen verurteilen, die eben wirklich dann nur Mama sind. Die das auch gerne so wollen, sollen es bitte auch genauso machen. Für mich war das allerdings von Anfang an, ab dem Moment, indem mein Herzensmann und ich entschieden haben, dass wir nun ein Baby wollen, eins der großen Dinge, vor denen ich Angst hatte. Angst, nichts anderes mehr zu sehen. Nichts anderes mehr zu sein. Angst, mich selbst zu verlieren, meine Beziehung zu meinem Herzensmann. Angst, dass man sich nicht mehr sieht, als Paar. Als Mann und Frau. 

Natürlich ist es jetzt anders. Aber nicht wir sind anders. Sondern es ist anders, weil zu unserem bisherigen wir, nun noch jemand dazu gekommen ist. Wir sind aber immernoch wir. 

Soviel zu dem Buchstabensalat. 
In dieser Art wird es ab jetzt hier viel zu lesen geben. Aber auch Produktempfehlungen und Vergleiche, Anekdoten aus unserem Alltag und viele kleine und große Einblicke in meine Gedanken- und Gefühlswelt! Seid dabei - oder lasst es. Ganz wie es euch gefällt!