Mittwoch, 15. Juni 2016

Stillen. Licht und Schatten.

Was war ich doch naiv. Im Bezug auf so viele Dinge. Ganz selbstverständlich bin ich davon ausgegangen schwanger zu werden. Ganz selbstverständlich auch, dass das Baby gesund ist und bleibt. Ganz selbstverständlich dachte ich, dass meine Schwangerschaft ein Klacks wird. Dass die Geburt schön und einfach wird. Und natürlich auch das Stillen. Schließlich ist das doch alles von Mutter Natur einfach so gegeben. Wieso sollte es da Probleme geben? Hah. Ja. Genau.

Ich muss sagen, dass ich einfach großes Glück beim ersten Anlegen hatte. Im Krankenhaus konnte ich zwar nicht unmittelbar nach der Geburt anlegen (also nicht so wie in meiner Wunschvorstellung, mit wundervollem gelockten Haar, rosiger Haut und wunderhübsch mein Kind anlegen, welches natürlich auch tadellos sauber ist und ja. Ihr wisst schon. Meine lustigen Vorstellungen halt), aber zumindest innerhalb der ersten Lebensstunde von Julian. Irgendwo hatte ich gelesen, dass das essenziell für die Stillbeziehung ist. Nun gut, ich brauchte eben in den ersten 45 Minuten nach der Geburt selbst erstmal medizinische Hilfe. Ich konnte meinen Julian zwar sehen, allerdings in den Armen seines Papas liegend, nicht in meinen. Doch als ich dann soweit wieder hergestellt war und Julian in meine Arme bekam, sagte die Hebamme mir gleich ich müsse ihn anlegen. Sie zeigte mir wie, sehr rabiat wie ich heute finde, aber auch sehr effektiv. Ob es am Anlegen, an Julian oder mir lag, spielt ja keine Rolle. Auf jeden Fall klappte es gleich wunderbar. Ich brauchte kein Stillhütchen, kein Abpumpen, keine Hilfe. Der Milcheinschuß kam dann vier Tage nach der Geburt. Ein wenig spät nach meinem Empfinden, denn Julian hatte ja auch schon abgenommen, aber meine Hebamme betreute mich und schaffte mir das Vertrauen in mich selbst, dass das schon in Ordnung sei. Allerdings sagte sie mir auch, ich solle gleich einen Rhythmus haben. Drei bis vier Stunden sollten zwischen zwei Mahlzeiten liegen. Damit ich auch schnell die Nächte durchschlafen kann. Klang toll. Klappt vielleicht auch bei anderen. Bei mir war es beinahe der Anfang vom Ende.

Zunächst lief aber alles gut. Wir spielten uns aufeinander ein, Julian wusste gleich wie es geht und alles funktionierte bestens. Er nahm auch ordentlich zu. Ich erinnere mich daran, dass meine Hebamme Bettina sogar eine Zunahme von 140 gr innerhalb von 30 Stunden feststellte. Mehr konnte und wollte man dann nicht erreichen.

Als dann langsam die typischen Blähungen der ersten drei Monate meinen babybear quälten, begann aber doch alles schwieriger zu werden. Ich konnte Julian nicht einfach anlegen. Er trank dann nicht einfach ruhig. Er zappelte und überstreckte sich. Weinte und schrie. Mich machte das dann natürlich auch so verrückt, dass mir die Geduld fehlte. Ich wollte doch einfach, dass er keine Schmerzen hatte. Also brach ich viele Stillversuche ab, lief mit ihm stundenlang durch die Wohnung, sang für ihn, machte eben alles. Heute denke ich, dass es nicht nur Bauchschmerzen waren. Ganz sicher war das der größte Faktor, der sein Unwohlsein verursachte. Doch sicher hatte er auch Hunger. Wenn ich darüber nachdenke, schießen mir die Tränen in die Augen, doch sage ich mir immer wieder, dass ich es ihm ja nicht vorenthalten habe. Das Bauchweh war einfach der Grund dafür, dass er nicht in ruhe trinken konnte. Und deswegen hatte er Hunger. Doch damit begann der Kreislauf. Julian hatte zwar Hunger, nuckelte jedoch nur kurz und ließ dann frustiriert von mir ab. Ich war nicht geduldig genug, sein Jammern und Weinen einfach hinzunehmen, sondern probierte dann eben alles mögliche aus, damit es ihm besser geht. Durch das wenige Anlegen und Trinken wurde aber dann die Milch weniger. Wie oft ich in dieser Zeit vom Abstillen gesprochen habe, wie oft ich meinem Herzensmann gesagt habe, er solle bitte  Pre-Nahrung kaufen fahren - ich kann es euch gar nicht sagen! Und wie glücklich ich bin, dass er es nie getan hat. Im Gegenteil. Er hat mir immer und immer wieder gesagt, dass ich durchhalten muss, dass es sicher besser wird. Immer wieder hat er mir alle Vorteile des Stillens vorgeleiert. Er sagte mir immer dass ich das schaffen würde. Meine Hebamme sagte mir dann, dass ich Boxhornkleekapseln nehmen und Carokaffee trinken soll. Okay. Im Internet las ich dann noch, dass nur viel Anlegen für viel Milch sorgt. All das habe ich gemacht und mich durchgekämpft. Und es hat sich so sehr gelohnt. Jede Träne hat sich gelohnt!

Heute ist das Stillen für mich das Schönste, was mich mit meinem Kind verbindet. Zu sehen, dass Julian nicht nur in meinem Körper gewachsen ist, sondern auch jetzt noch durch meinen Körper weiter wächst ist atemberaubend. Heute ist es auch in keinsterweise mehr anstrengend.
Deswegen nun meine Tipps (und das nur aus meinen eigenen Erfahrungen heraus!):

  • Bleibt dran und haltet durch. Es ist leider nicht immer einfach und kann ein Kampf sein, aber es ist absolut lohnenswert durchzuhalten!
  • Nehmt euch Hilfsmittel. Sei es natürlich wie Boxhornklee, Malz oder sonst was. Oder eben Stillhütchen oder abpumpen. Alles was euch (und sei es nur psychische) Entlastung schafft, hilft definitiv!
  • Erklärt eurem Partner, wie wichtig es euch ist und dass er euch bitte unterstützen soll! Denn nichts ist so kontraproduktiv wie jemand, der eure Pläne und Vorsätze durchkreuzt. Hier muss man zusammen an einem Strang ziehen!
  • Und das aller aller aaaaller Wichtigste - hört auf euer Gefühl. Der Knoten platzt in dem Moment, in dem ihr ganz intuitiv stillt. Haltet euch nicht an zeitliche Vorgaben. Nehmt keine Stillpositionen, weil sie doch jeder nimmt. Macht es nach eurem Gefühl, wie es sich für euch und euer Kind richtig anfühlt! 

So und nun noch ein paar letzte Sätze weil sie mir ehrlich am Herzen liegen.
Wenn ihr alles versucht und es will einfach nicht klappen - ihr lieben Mütter da draußen, wer nicht stillt ist keine schlechte Mama! Auch mit Fläschchen werden Babys groß und euer Baby wird später nicht an eurer Liebe zweifeln, weil ihr nicht stillen konntet! Ich habe mich selbst so unter Druck gesetzt, habe immer wieder gedacht, dass ich doch dabei nicht versagen darf. Blödsinn. Man versagt nicht als Mutter, weil man nicht stillt. Man liebt sein Kind genauso sehr, ganz gleich ob man Flasche gibt oder die Brust! Also stresst euch nicht. Sollte es wirklich euer Wunsch sein, dann versucht alles, nehmt euch Zeit und bleibt dran. Wenn ihr merkt, dass es euch psychisch eher schlechter geht deswegen, trotz Hilfe an der Hand durch Hebamme und/oder Stillberaterin, dann geht den Schritt zur Flasche und das ohne Vorwürfe! Ihr liebt eure Kinder nicht mehr oder weniger. Punkt.

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